Programmübersicht 2024

Sektion Wettbewerb Spielfilm

Zwölf Beiträge konkurrieren um den Gershon‐Klein‐Spielfilmpreis. Benannt nach dem Berliner Kinopionier.

Spielfilme, die sich mit jüdischem Leben und jüdischer Kultur in Geschichte, Gegenwart und Zukunft befassen. In denen jüdische Charaktere und Themen wesentlich die Handlung tragen und die von jüdischen Filmschaffenden stammen. Bevorzugt werden deutsche Premieren.

Der Preis wird von einer internationalen Festivaljury an den Regisseur/Regisseurin vergeben und ist mit einem Preisgeld in Höhe von 3000 EUR dotiert.


In der Regel werden alle Filme mit deutschen und englischen Untertiteln gezeigt. Die jeweilige Sprachfassung entnehmen Sie bitte den Angaben beim jeweiligen Film.

Sektion Wettbewerb Dokumentarfilm

Neun Beiträge konkurrieren um den Gershon‐Klein‐Spielfilmpreis. Benannt nach dem Berliner Kinopionier.

Dokumentarfilme, die sich mit jüdischem Leben und jüdischer Kultur in Geschichte, Gegenwart und Zukunft befassen. In denen jüdische Charaktere und Themen wesentlich die Handlung tragen und die von jüdischen Filmschaffenden stammen. Die deutsche Premiere der eingereichten Filme ist erforderlich.

Der Preis wird von einer internationalen Festivaljury an den Regisseur/Regisseurin vergeben und ist mit einem Preisgeld in Höhe von 3000 EUR dotiert.


In der Regel werden alle Filme mit deutschen und englischen Untertiteln gezeigt. Die jeweilige Sprachfassung entnehmen Sie bitte den Angaben beim jeweiligen Film.

Sektion KINO FERMISHED

Bunt gemischt mit Genrevielfalt. Das besondere Kino des JFBB.


In der Regel werden alle Filme mit deutschen und englischen Untertiteln gezeigt. Die jeweilige Sprachfassung entnehmen Sie bitte den Angaben beim jeweiligen Film.

Sektion Kurzfilmprogramm: Nosh Nosh

Nosh Nosh bedeutet „Leckereien“ auf Jiddisch. Aber diese kurzen Filme sind keine Snacks für zwischendurch und auch kein Gruß aus der Küche. Es sind eigenständige Kunstwerke. Sie sind mal bitter, mal süß und immer voller thematischer und formaler Diversität. Die Küche ist international. Das schmeckt jedem und macht satt. Nosh Nosh eben.

2024 präsentiert das JFBB zwei Kurzfilmprogramme "Nosh Nosh".

In der Regel werden alle Filme mit deutschen und englischen Untertiteln gezeigt. Die jeweilige Sprachfassung entnehmen Sie bitte den Angaben beim jeweiligen Film.

Sektion Bruch oder Kontinuität? „Antizionismus“ und Antisemitismus im Sozialismus und danach

Im Staatssozialismus sowjetischer Prägung kam es von 1945 bis zum Fall des Eisernen Vorhangs immer wieder zu antisemitisch unterfütterten Kampagnen und auch im Alltag waren antisemitische Einstellungen präsent. Der Bogen reicht von den Slánský-Prozessen in der ČSSR gegen missliebige, größtenteils jüdische KP-Funktionäre, über die Zwangsausweisungen von Jüdinnen und Juden aus Polen 1968 bis zur "antizionistischen" Propaganda in DDR-Fernseh- und Wochenschauproduktionen. In einer zweijährigen Reihe reflektiert das JFBB Antisemitismus im Sozialismus und im Postsozialismus. Die Beiträge zeigen, wie das Thema zwischen den Zeilen in zeitgenössischen Filmen adressiert und wie es danach aufgearbeitet wurde.

Unterstützt von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur


Im Rahmen der Reihe findet am Do, 20. Juni, 17-18:30 das Podiumsgespräch: Zwischen staatlich gelenktem „Antizionismus“ und Alltagsressentiment – Antisemitismus im Sozialismus statt. Weitere Information finden Sie unter Panels.


Eine ausführliche Einführung zu dieser Sektion finden Sie hier:

„Antizionismus“ und Antisemitismus im Sozialismus: Eine überfällige Aufarbeitung

Im Staatssozialismus sowjetischer Prägung kam es von 1945 bis zum Mauerfall immer wieder zu antisemitischen Kampagnen. Parallel flammten, in unterschiedlicher Weise, antisemitische Verschwörungstheorien auf. An unterschiedlichen Filmbeispielen reflektiert das JFBB in einer die Jahre 2024 und 2025 übergreifenden zweiteiligen Filmreihe das Verhältnis zwischen „Antizionismus“ und Antisemitismus und reflektiert Kontinuitäten und Brüche antisemitischer Verschwörungstheorien in der politischen Kultur Osteuropas. Ergänzend dazu finden Diskussionsveranstaltungen statt. 2024 widmet sich die Filmreihe dem Antisemitismus während des Sozialismus, 2025 dem der „Wende“-zeit und der postsozialistischen 1990er-Jahre.

Im Zuge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wird zunehmend eine intensivere Aufarbeitung der sozialistischen Nachkriegsepoche gefordert. Gerade weil das sich politisch und militärisch aggressiv gebärdende Russland das Erbe der Sowjetunion für sich in Anspruch nimmt, werden unzählige Fragen an die Geschichte der sozialistischen Ära laut. Warum wurden Kriegs- und allgemein Verbrechen gegen die Menschlichkeit nie systematisch aufgebarbeitet, die Verantwortlichen nur selten zur Rechenschaft gezogen? Wie war das Verhältnis Russlands, der russischen Kultur und der russischen Sprache zu den anderen Sowjetrepubliken, wie das zu den nicht-russischen Völkern in der heutigen Russischen Föderation? In diesem Zusammenhang wird es für uns interessant, sich den staatlichen Antisemitismus in der Sowjetunion und auch anderer sozialistischen Staaten, darunter der DDR, anzuschauen. Die Film- und Diskussionsreihe Bruch oder Kontinuität? „Antizionismus“ und Antisemitismus im Sozialismus und danach will dieses Jahr Filmbeispiele für antisemitische Propaganda in den sozialistischen Ländern zeigen und Filme, die diese Stimmungslage reflektieren – welchem Druck waren Jüdinnen und Juden vor dem Hintergrund wuchernder Verschwörungstheorien ausgesetzt? Welche Rolle spielte die Tatsache, dass die Sowjetunion viele Jahre lang leugnete, dass auf ihrem Territorium überhaupt ein Holocaust stattgefunden hätte? Wie wurden diese Stimmungslagen durch israelfeindliche Propaganda angeheizt? Die Reihe wirft Schlaglichter auf den staatlichen und postsozialistischen Antisemitismus und reflektiert Politik und Geschichte am Beispiel von Propagandafilmen und filmischer Aufarbeitung. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion beleuchtet sie die historischen Kontexte – von den Slánský-Prozessen bis zu der vor dem Hintergrund der NS-Geschichte Deutschlands vorsichtigen, aber noch immer überdeutlichen antiisraelischen Politik der DDR.

Im Programm des JFBB gab es in den vergangenen Jahren bereits einzelne Beiträge zur Thematik.

2023 hatte im Wettbewerb Spielfilm der polnische Spielfilm MARCH ’68 von Krzysztof Lang seine Deutschland-Premiere. Im Zentrum des Films steht eine Liebesgeschichte zwischen einem jungen Nicht-Juden und einer Jüdin, die sich im März 1968 am Rand der Studierendenproteste in Warschau kennenlernen. Parallel läuft die antisemitische Kampagne der Regierung von Władysław Gomułka. Nachdem Israel den Yom Kippur – Krieg gegen die umliegenden arabischen Staaten gewinnen und damit seine Staatlichkeit festigen konnte, schlugen sich die sozialistischen Staaten – unter Führung der Sowjetunion – auf die Seite der arabischen Länder. Hinter der „antizionistischen“ und „antiimperialistischen“ Propaganda kamen sehr schnell antisemitische Züge vor, in Polen rief man 1968 alle noch nach der Shoa im Land verbliebenen Jüdinnen und Juden zur Ausreise auf. In der Geschichts- und Politikwissenschaft verschwinden diese Ereignisse hinter dem Einmarsch der Warschauer Pakt-Staaten in die reformsozialistische Tschechoslowakei und den Studierendenprotesten in Westeuropa.

Ebenfalls 2023 lief im Programm des JFBB der Dokumentarfilm FIND A JEW (Regie: Anna Narinskaya, Igor Sadreev), der in pointierter, zuweilen satirischer Form den Antisemitismus in der Sowjetunion von der frühen Stalinzeit bis in die 1980er-Jahre nachzeichnet. Thematisiert werden z.B. die sogenannten „Ärzteverschwörung“ – Ende 1952 verbreitete Joseph Stalin Nachrichten über ein angebliches Komplott von Mediziner:innen jüdischer Herkunft, die geplant hätten, ihn und andere Führer der Sowjetunion auszuschalten, die „Aufdeckung“ führte zu zahlreichen Verhaftungen und Hinrichtungen; als „Zionisten-Rubel“ wurde eine Sondermünze bezeichnet, auf der Anfang der 1980er-Jahre findige Antisemit:innen im Lithium-Symbol einen Davidstern zu erkennen glaubten. Die Prägung des Geldstücks wurde früher als geplant eingestellt.

Um das Thema weiter zu vertiefen und noch einmal expliziter aufzugreifen, haben wir uns entschlossen, uns ausschnitthaft mit der Tschechoslowakei, der DDR, Polen und der Sowjetunion zu beschäftigen. Während sich aktuelle Filme rückblickend mit Schauprozessen und Alltags-Antisemitismus beschäftigen, zeugen zeitgenössische Arbeiten davon, was gesagt werden konnte – und was nicht.

So wird der während des „Prager Frühlings“ in der ČSSR gedrehte Kultfilm DAS OHR als Allegorie auf die Verhaftung Slánskýs und seiner Ehefrau verstanden. Slánský war einer der vielen Juden, die in der Stalin-Zeit unter dem Vorwurf des Zionismus, Imperialismus, Amerikanismus, Trotzkismus und Titoismus verhaftetet wurden. 14 Personen aus dem Führungskader der Kommunistischen Partei wurden angeklagt, elf von ihnen zum Tode verurteilt. DAS OHR wurde nach der Niederschlagung des Prager Frühlings im Rahmen der sogenannten „Normalisierung“ verboten und blieb bis zum Ende des Sozialismus im Giftschrank.

Konrad Wolfs Kultfilm GOYA – ODER DER ARGE WEG DER ERKENNTNIS wird von vielen ebenfalls als Metapher auf die Stalinistischen Schauprozesse interpretiert, nur dass hier eben kein KP-Funktionär zu Beginn der 1950er-Jahre angeklagt wird, sondern ein Maler am Königshof Karls des IV. während der Inquisition in Spanien. Goya gerät selbst in die Fänge der Inquisition – eine sehr indirekte Metapher auf die Zustände im Sozialismus, entsprechend wurde die deutsch-sowjetische Koproduktion nicht verboten.

Interessant ist die auffällige sprachliche und ideologische Nähe von dem DDR-Propagandafilm DIE STÜRMER, der den bundesdeutschen Springer-Zeitungen und der israelischen Armee Nazi-Methoden vorwirft, mit aktuellen antiisraelischen Diskursbeiträgen: Es geht um Antiimperialismus und Antizionismus. Dabei, so erinnerte vor kurzem der US-amerikanische Historiker Jeffrey Herf in seinem Buch „Israels Moment“, hatte sich der Sowjetblock bis 1949 an die Seite des Zionismus gestellt, unterstützten besonders die Länder, auf deren Boden die Shoah stattgefunden hatte, den Teilungsplan der Vereinten Nationen – während die USA und die Mandatsmacht Großbritannien dem zionistischen Projekt skeptisch gegenüberstanden. So ist im gegenwärtigen Diskurs in Vergessenheit geraten, dass der UN-Delegierte und spätere sowjetische Außenminister Andrej Gromyko das „unbeschreibliche Leiden“ im Holocaust herausstellte und die beabsichtigte Staatsgründung Israels mit den Worten kommentierte: „Es wäre ungerecht, dem jüdischen Volk das Recht, dieses Ziel zu erreichen, zu verwehren.“ 1948 organisierte Vladimir Clementis, damals Außenminister der ČSSR, eine Luftbrücke, die Waffen an jüdische Organisationen lieferte, um sich gegen arabische Angriffe zu wehren.

Wenige Jahre später gehörte Clementis zu den Angeklagten in den Slánský-Prozessen und wurde zum Tode verurteilt. Die Kehrtwende ist das Ergebnis von innerparteilichen Machtspielen im gesamten sozialistischen Lager, fiel aber auf den fruchtbaren Boden einer vorhandenen antisemitischen Grundstimmung. Diese klang auch in der Folgezeit kaum ab und erreichte mit der „antiimperialistischen, antizionistischen“ Propaganda im Umfeld der Sechstage- und Yom Kippur-Kriege weitere Höhepunkte. Abermals fallen hier die Parallelen zur Gegenwart auf: Im Land lebende Juden und Jüdinnen wurden im Rahmen antiisraelischer Vorwürfe mitadressiert und die Propaganda bediente antisemitische Verschwörungsszenarien genauso, wie sie sie nutzte, um einen „antiimperialistischen“ Kontext breitenwirksam zu teilen.

Die Erwähnung der kurzen Phase der Unterstützung des sozialistischen Lagers für das Projekt Israel soll in Erinnerung rufen, wie unterschiedlich die Haltungen dort kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs waren. Durch die genauere Betrachtung der Verwendung antisemitischer Motive und Verschwörungsszenarien in der Machtpolitik und Propaganda im Sozialismus zeigt die Filmreihe, wie hier kontinuierlich mit Antisemitismus Politik gemacht wurde und dass dieser keineswegs, wie noch heute so oft behauptet, mit dem Sieg über den Nationalsozialismus verschwunden ist. Das Gegenteil wird deutlich, denn immer wieder wurde der Antisemitismus strategisch befeuert und eine gesellschaftliche Stimmungslage evozierte, die schließlich in den 1990er-Jahren zur massenhaften Auswanderung von Juden und Jüdinnen aus der ehemaligen Sowjetunion führte.

Die Reihe Bruch oder Kontinuität? „Antizionismus“ und Antisemitismus im Sozialismus und danach wird unterstützt von der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur.
Beratung: Dr. Christina Frankenberg, Kornel Miglus, Dr. Lisa Schoß, Jörg Taszman

Sektion Der Angst begegnen - Filmische Reflektionen von Terror, Trauma und Widerständigkeit

In diesem Jahr befasst sich das JFBB mit den Strategien des Kinos mit terroristischer Gewalt umzugehen und ihr künstlerisch zu begegnen. Terrorismus zielt auf Hilflosigkeit, Schrecken und Sprachlosigkeit. Die Reihe versteht das Kino als öffentlichen Raum, in dem Sprache (wieder)gefunden und die Zivilgesellschaft trauern, erinnern und sich verständigen kann. Das Programm erinnert verschiedener Anschläge, thematisiert unterschiedliche Formen terroristischer Gewalt und zeigt möglich Ansätze des Mediums Film, sich diesen angstbesetzten Ereignissen anzunehmen. Begleitet wird die Reihe von Gesprächsformaten, die mit Expert*innen und Filmschaffenden Kontexte, Herausforderungen und künstlerische Strategien diskutiert.


Im Rahmen der Reihe finden die Panels Bildpolitiken des Terrors (22.6., 13:30), Rechte Gewalt und rechtsextremer Terror und die gesellschaftliche Funktion von Film in Deutschland (22.6., 16:30), Überleben – Mit und über das Trauma filmen (23.6., 15:00) statt. Weitere Informationen finden Sie unter Panels.

Sektion Sex. Jüdische Positionen

Mit der Ausstellung Sex. Jüdische Positionen thematisiert das Jüdische Museum Berlin die Bedeutung von Sexualität im Judentum aus vielfältigen Perspektiven. Die begleitende Filmreihe ergänzt die Ausstellung mit Filmen über Tabus, Begehren, Sexarbeit und den Kampf um sexuelle Aufklärung und Gleichstellung.


REAL JEWCY SHORTS
Spaßig, ernst, politisch, provokant und… sexy! REAL JEWCY SHORTS lädt ein und verführt in verschiedenste Welten jüdischer Sexpositionen: Religiöse Vorschriften, das Berlin der 1930er-Jahre, Ausflüge in die BDSM-Szene. 90 Minuten gewagte Kurzfilme brechen auf unterschiedlichste Weise mit Stereotypen und gängigen (Vor)Stellungen.