Sektion KINO FERMISHED

Find a Jew

  • Igor Sadreev
  • RU
  • 2022
  • 78 min

Von der „Ärzte-Verschwörung“ bis zum „zionistischen Rubel“: Antisemitismus gehörte auch in der Sowjetunion zum Alltag. Eine temporeiche Erkundungsreise in das absurd-gefährliche Universum der Verschwörungstheorien. Ironie, die im Halse stecken bleibt.

Die Kulturwissenschaftlerin und Journalistin Anna Narinskaja, selbst Russin jüdischer Abstammung, erforscht die Verbreitung antisemitischer Verschwörungstheorien und Stereotype innerhalb der sowjetischen Gesellschaft, die auf bereits vorhandene russische Traditionen aufbauten. Ein Rabbiner, ein Musiker, eine Soziologin und ihr eigener Vater erklären den scheinheiligen Umgang mit Judentum in der UdSSR. Dort wurde eine Politik des Schweigens praktiziert, gab es schwarze Listen gegen die Aufnahme jüdischer Student*innen an technischen Universitäten oder sollten Juden und Jüdinnen ihre Namen russifizieren. In der stalinistischen Nachkriegsgesellschaft war Antisemitismus tief in der politischen Kultur verwurzelt und gipfelte 1952 in der Kampagne gegen die vermeintliche „Ärzte-Verschwörung“ der sogenannten jüdischen „Mörder-Ärzte“. Ihnen warf man vor, Stalin ermorden zu wollen. Nach dem Sechstagekrieg nahm auch die Anti-Israel-Propaganda stark antisemitische Züge an.
Eine Verschwörungstheorie erscheint hier absurder als die andere. Etwa die des „zionistischen Rubels“ – einer Gedenkmünze anlässlich des 60. Jahrestags der Oktoberrevolution, auf der manche einen Davidstern zu entdecken glaubten. Auch die beliebte Puppentrickfigur für Kinder, „Tscheburaschka“, wurde verdächtigt, jüdisch zu sein, während fünf Neubauten im Moskauer Neuen Arbat, deren Form an geöffnete Bücher erinnert, als symbolische Anordnung des Pentateuch gelesen wurden.
Wie im Verborgenen dennoch jüdisches Leben stattfand, die Moskauer Synagoge zum Ort von Heiratsvermittlungen wurde oder in den 1970ern Hunderte Juden und Jüdinnen in einer Waldlichtung vor Moskau öffentliche Versammlungen abhielten, erkundet Narinskaja ebenfalls, die mit viel Humor und (Selbst-)Ironie durch den Film führt.
Text: Kira Taszman


Dieser Film wird außerdem am 16.06.2023 in Filmtheater Union Fürstenwalde um 17:30 Uhr gezeigt.


Am 14.6. um 20:00 im Filmkunst66 ist Regisseur Igor Sadreev für ein Filmgespräch nach dem Film anwesend.
Am 15.6. um 19:30 im HBPG ist Anna Narinskaya, Ko-Drehbuchautorin und Protagonistin, für ein Filmgespräch nach dem Film anwesend.


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Credits

Originalitel Find a Jew

Internationaler Titel Find a Jew

Deutscher Titel Find a Jew

JFBB Sektion KINO FERMISHED

  • Regisseur Igor Sadreev

Land/Länder RU

Jahr 2022

Dauer 78 min


Portrait of Igor Sadreev

Igor Sadreev