Sektion Hommage: Jeanine Meerapfel

Die Kümmeltürkin geht

  • Jeanine Meerapfel
  • DE
  • 1985
  • 88 Min

„Mein letzter Kaffee in Deutschland“: 1970 kommt Melek Tez als türkische Gastarbeiterin nach Berlin. 14 Jahre später beschließt sie, Deutschland zu verlassen und zurück in ihr Heimatland zu gehen. Der Film begleitet die Protagonistin während der letzten Tage in Deutschland und fragt nach den Beweggründen ihrer Entscheidung.

Alles, was Melek bleibt, ist die deutsche Sprache. Gelebt habe sie in Deutschland nicht. Vielmehr musste sie sich anpassen an eine Kultur, die nicht ihre ist: als Fremde, als Türkin, als Frau und als Arbeiterin. Angesichts des Mangels an wirtschaftlichen Arbeitskräften kamen ab den 1960er Jahren Hunderttausende Arbeiter*innen aus der Türkei in die Bundesrepublik. Die einen blieben, wieder andere kehrten zurück. Jeanine Meerapfel gelingt mit diesem Dokumentarfilm das vielschichtige Porträt einer Frau, deren Erwartungen an das Leben in einem demokratisch fortschrittlichen Land enttäuscht wurden. Vielmehr prägten Ausländerinnenfeindlichkeit und Gefühle von Einsamkeit ihren Alltag in Deutschland. Der Film berührt nicht zuletzt auf der persönlichen Vertrautheit zwischen der Regisseurin und ihrer Protagonistin Melek, die eine langjährige Freundschaft verbindet.


19.6. 17.00 MS Goldberg, im Anschluss Filmgespräch mit Jeanine Meerapfel, Regisseurin


Credits

Originalitel Die Kümmeltürkin geht

Internationaler Titel Melek Leaves

Deutscher Titel Die Kümmeltürkin geht

JFBB Sektion Hommage: Jeanine Meerapfel

  • Regisseur Jeanine Meerapfel

Land/Länder DE

Jahr 1985

Dauer 88 Min


Portrait of Jeanine Meerapfel

Jeanine Meerapfel

BIO Die Regisseurin Jeanine Meerapfel beschäftigt sich in ihren Werken nicht nur mit ihrer eigenen deutsch-argentinischen Familienbiografie, sondern findet durch ihre Filme zu einer Sprache, mit der sie den Gefühlen von Un-/Zugehörigkeit und den Fragen nach der eigenen Identität und Herkunft Ausdruck verleiht. 1943 wurde sie als Tochter deutsch-jüdischer Emigrant*innen in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires geboren. Nach dem Abschluss ihres Journalistik-Studiums kam sie 1964 nach Deutschland. Am Institut für Filmgestaltung in Ulm absolvierte sie ihr Studium, u.a. bei Alexander Kluge, der bis heute zu einem der einflussreichsten Vertreter*innen des Neuen Deutschen Films zählt. Vor dem Hintergrund aktueller politischer und gesellschaftlicher Debatten sind Jeanine Meerapfels Filme bis heute hochaktuell: Themen wie Migration, Erfahrungen auf der Flucht und im Exil finden ebenso Eingang in ihre Filme, wie die kritische Auseinandersetzung mit den akuten Gefahren von Antisemitismus und Ausländer*innenfeindlichkeit. Die Filme sind politisch, jedoch kein nüchternes Politkino. Viel eher handelt es sich um sehr persönlich geprägte Auseinandersetzungen mit der Geschichte, die immer auch im hochemotionalen Wechselverhältnis zu Meerapfels eigener Familiengeschichte stehen. Das Jüdische Filmfestival Berlin Brandenburg widmet der Regisseurin und derzeitigen Präsidentin der Akademie der Künste in diesem Jahr eine Hommage und zeigt sieben ihrer Werke, die im Zeitraum von 1980 bis heute entstanden sind