Dass bei Hochzeiten Verdrängtes die Harmonie trübt, kommt vor. In diesem Psychothriller ist es ein Stück verdrängte Zweite-Weltkriegs-Vergangenheit, die die Hochzeitsfeier für den Bräutigam zum Horrortrip macht: erst ein Skelett im Garten, ein Mädchen in fahlem Weiß, und ein jüdisches Dorf, von dem sich keiner erinnern will, wohin es verschwand.
Sie – Tochter eines örtlichen Unternehmers und Dorfpatriarchen, er – anscheinend ebenso erfolgreicher Geschäftsmann aus London, die beiden – eine Internet-Liebe auf den ersten Klick, sozusagen. Am Abend ist das ganze Dorf zur Hochzeitsfeier in das zukünftige Anwesen der beiden Brautleute Piotr und Żaneta geladen. Am Vorabend der Feier stößt Piotr im Garten auf ein verscharrtes Skelett, zu dem keiner der etwas Näheres sagen kann oder will. Auch am Hochzeitsabend findet der Bräutigam keine Ruhe: Er wird immer wieder von einer jungen Frau in einem fahlweißem Kleid bedrängt, die scheinbar nur er wahrnehmen kann und die schließlich ganz von ihm Besitz ergreift und er beginnt, jiddisch zu sprechen. Daraufhin wird Piotr von der Familie seiner Frau in den Keller gesperrt…
Ja, es gab hier einmal eine jüdische Siedlung, erinnert sich der alte Dorflehrer und ein Mädchen, das bald heiraten sollte, bevor es verschwand. Wie all die jüdischen Familien, die einst hier wohnten. Derweil versucht Żanetas Vater, die Stimmung mit ordentlicher Dreingabe von Wodka hoch und die Wahrheit unter dem Teppich zu halten.
Mit den Mitteln des Genre-Films und unter Variation des klassischen polnischen Filmsujets der kathartischen Hochzeitsfeier zeigt der durch tragische Umstände ums Leben gekommene Ausnahme-Regisseur Marcin Wrona, wie verdrängte Geschichte hochkommt und sich als böser Geist an der kollektiven Seele rächt.
Dieser Film wird außerdem am Do, 08.06.2023 um 18:30 Uhr in der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt Oder gezeigt.