16.08.2021

JFBB-Kino für lange Sommernächte

Das 27. Jüdische Filmfestival Berlin und Brandenburg (JFBB) überzeugt durch seine Programm-Vielfalt. Noch bis 22. August unterhalten diverse Filme im Festivalprogramm auf ganz unterschiedliche Weise. Das Spektrum reicht dabei vom sinnlichen Foodie-Kino OTTOLENGHI UND DIE VERSUCHUN-GEN VON VERSAILLES über das Shoa-Verarbeitungs-Musical SINGING IN THE DARK bis hin zu ganz großer, episch erzählter Filmkunst in THE PAINTED BIRD.

Genauso breit wie die Programmvielfalt des 27. JFBB ist, genauso vielschichtig sind auch unsere Zielgruppen: Unser Programm richtet sich an den klassischen Kinogänger wie den Liebhaber elitärer Filmkunst, an Menschen, die sich für jüdische Themen interessieren oder jene, die im Sommer einfach nur einen angenehmen Freiluftabend verbringen möchten. Kurz und gut, das JFBB richtet sich an die gesamte Öffentlichkeit“, sagt JFBB-Geschäftsführer Andreas Stein. „Ich bin mir sicher, dass jede und jeder einen Film für seinen individuellen Geschmack in unserem Programmspektrum findet. Übrigens nicht nur im Kino, sondern auch online bis Ende August.

Kino für die Sinne gelingt Laura Gabbert mit OTTOLENGHI UND DIE VERSUCHUNGEN VON VERSAILLES (US/2020). Sie blickt dem Starkoch und Helden der Foodies bei den Vorbereitungen für ein Event im New Yorker Met über die Schultern. Wer schon immer wissen wollte, wie die Versailler Opulenz in Kuchenform schmecken könnte, kann zwar nicht kosten, sich aber ein Bild davon machen.

In 17 Sprachen sang die bewundernswerte jüdisch-polnische Weltmusikerin Belina, die unzählige Länder als Brückenbauerin zwischen den Kulturen bereiste. Der Berliner Filmemacher Marc Boettcher setzt ihr mit seinem BELINA - MUSIC FOR PEACE (DE/2021) ein filmisches Denkmal, das beim JFBB seine Uraufführung in Anwesenheit von prominenten Wegbegleiterinnen wie Jocelyn B. Smith oder Sharon Brauner feiert, die gemeinsam mit Belinas Sohn Michel Rodzynek und dem Publikum an diese einzigartige Sängerin erinnern werden.

Václav Marhouls THE PAINTED BIRD (A, CZ, SK/2019) war bereits für den Goldenen Löwen (Venedig) und den Europäischen Filmpreis nominiert. Kunstvoll inszeniert er in Breitwand-Schwarzweiß die Geschichte eines widerständigen Jungen, der nur nach Hause will. Doch die brutale Welt um ihn herum ist aus den Fugen geraten. Großes Arthouse-Kino, gemacht für die große Leinwand und top besetzt mit internationalen Superstars wie Udo Kier, Harvey Keitel oder Stellan Skaarsgård.

Erstmals ist beim JFBB die vom National Center for Jewish Film restaurierte Fassung von Max Nossecks Klassiker SINGING IN THE DARK (US/1956) in Deutschland zu sehen. Die Form, der Regisseur entschied sich für das Musical, könnte kaum ungewöhnlicher für das Thema sein. Der Protagonist verarbeitet seine Shoa-Traumata – zumeist Alkoholberauscht – singend. Die Musik erlaubt ihm, sein Innerstes nach außen zu kehren und hilft ihm mit verdrängten Erinnerungen umzugehen. Emotional bewegend und unfassbar beeindruckend.

Israelische Serien treffen gerade überall auf der Welt den Zahn der Zeit. Das JFBB präsentiert in der Sektion SERIAL FRESH die potentiellen Nachfolger von Hits wie FAUDA oder SHTISEL.
AUTONOMIES (Yehonatan Indursky, IL/2018), JUST FOR TODAY (Nir Bergman, IL/2019) oder OUR BOYS (Hagai Levi, Joseph Cedar, Tawfik Abu-Wae, IL/2019) bringen mithilfe israelischer Erzählkunst Charaktere auf die JFBB-Leinwände, die das Publikum nicht unberührt zurücklassen.
Yuval Shaffermans ON THE SPECTRUM (IL/2018) erweitert mit seiner Comedy über eine autistische Wohngemeinschaft die Perspektive vom Netflix-Hit ATYPICAL, indem er eine nicht ganz normale 3er-WG betrachtet, in der alle in einer gemeinsamen Wohnung und doch jeder in seiner eigenen Welt lebt.