Sektion Bruch oder Kontinuität? „Antizionismus“ und Antisemitismus im Sozialismus und danach

5th Paragraph Invalids

  • Boris Maftsir
  • IL
  • 2023
  • 52

In der Sowjetunion waren alle Bürger:innen gleich – theoretisch. Denn als Jude oder Jüdin wurde man per se verdächtigt, der UdSSR gegenüber illoyal zu sein. Mit der Eintragung „jewrej“ im Feld 5 des Ausweises war man automatisch stigmatisiert. Betroffene erinnern sich.

In einer Collage aus Archivmaterial, Fotos und Zoom-Interviews entwirft der Film ein Panorama der Judenfeindlichkeit in der UdSSR zwischen 1950 und 1990. Dabei prallen zwei Narrative aufeinander: die offizielle Propaganda von einem Land, in dem angeblich alle Sprachen und Kulturen gleichwertig nebeneinanderstanden und Berichte über die allgegenwärtige Diskriminierung.
Die befragten Zeitzeug:innen, die in den frühen 1990er-Jahren nach Israel auswanderten, gingen auf unterschiedliche Weise mit Beleidigungen, Übergriffen und Benachteiligungen um – manche verheimlichten ihr Jüdischsein, andere zeigten ihre jüdische Identität mit Stolz und lernten, sie notfalls mit Fäusten zu verteidigen. Doch sie alle mussten erfahren, dass sie auch als gut integrierte Sowjetbürger:innen von ihren Mitbürger:innen und Behörden als Menschen zweiter Klasse abgestempelt werden – bisweilen im Wortsinne.
Aus der Polyphonie der Stimmen formt sich eine gemeinsame Aussage: Niemand sprach laut über den omnipräsenten Antisemitismus, aber alle wussten davon.

Text: Rainer Mende


Im Anschluss an beide Filmvorführungen findet ein Gespräch mit der anwesenden Co-Autorin Lilia Tzvokbenkel statt.


Zudem ist sie Teilnehmerin des Podiumsgesprächs: Zwischen staatlich gelenktem „Antizionismus“ und Alltagsressentiment – Antisemitismus im Sozialismus am Do, 20. Jun, 17:00-18:30 in der Stiftung Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum.


Credits

Originalitel 5th Paragraph Invalids

Internationaler Titel 5th Paragraph Invalids

Deutscher Titel 5th Paragraph Invalids

JFBB Sektion Bruch oder Kontinuität? „Antizionismus“ und Antisemitismus im Sozialismus und danach

  • Regisseur Boris Maftsir

Land/Länder IL

Jahr 2023

Dauer 52


Portrait of Boris Maftsir

Boris Maftsir

BIO Independent filmmaker. Born in Riga, Latvia 1947 and immigrated to Israel in 1971. In 1970 Maftsir was arrested by the KGB. and was sentenced to one year in prison on charges of Zionist activity. Immigrated in 1971. Graduated from the first graduating class of the Department of Film and Television at Tel Aviv University. For years Maftsir worked as a producer in the Israeli film Service. From 1994 to 1999 he was the Service manager. In 2009 Maftsir founded and until 2014 managed the documentary film department at the Haifa WIZO Academic Center. Management positions: Director of the Department of Culture and Art, Ministry of Education and Culture (1998-1999). Director General of the Ministry of Immigrant Absorption (1999-2001). Head of Delegation of the Jewish Agency in Russia, Belarus and the Baltic States (2003-2005). Director of the Yad Vashem Project to recover the names of the Jews murdered in the Holocaust in the Soviet Union territories (2006-2012). In recent years Maftsir has been working exclusively on a documentary project on the Holocaust in the Soviet Union. Producer over 200 documentary films and television documentaries.