In einer Collage aus Archivmaterial, Fotos und Zoom-Interviews entwirft der Film ein Panorama der Judenfeindlichkeit in der UdSSR zwischen 1950 und 1990. Dabei prallen zwei Narrative aufeinander: die offizielle Propaganda von einem Land, in dem angeblich alle Sprachen und Kulturen gleichwertig nebeneinanderstanden und Berichte über die allgegenwärtige Diskriminierung.
Die befragten Zeitzeuginnen, die in den frühen 1990er-Jahren nach Israel auswanderten, gingen auf unterschiedliche Weise mit Beleidigungen, Übergriffen und Benachteiligungen um – manche verheimlichten ihr Jüdischsein, andere zeigten ihre jüdische Identität mit Stolz und lernten, sie notfalls mit Fäusten zu verteidigen. Doch sie alle mussten erfahren, dass sie auch als gut integrierte Sowjetbürgerinnen von ihren Mitbürger*innen und Behörden als Menschen zweiter Klasse abgestempelt werden – bisweilen im Wortsinne.
Aus der Polyphonie der Stimmen formt sich eine gemeinsame Aussage: Niemand sprach laut über den omnipräsenten Antisemitismus, aber alle wussten davon.
Text: Rainer Mende