07.10.2024

Statement zum Jahrestag des 7. Oktober

Heute jährt sich das grauenhafte Massaker der Hamas im Süden Israels. Über hundert Menschen sind immer noch als Geiseln in Gefangenschaft.

Der Krieg hat viel zu viele Tote gefordert, Menschen aus ihren Häusern vertrieben und droht aktuell, sich noch mehr auszuweiten. Das Grauen und die Gewalt sind so massiv, dass nur hilflose Verzweiflung bleibt.

Hier in Deutschland haben wir es nicht geschafft, im Gespräch zu bleiben. Im letzten Jahr konnten wir das Ausbleiben von Empathie beobachten. Ein Schweigen, das zwar kritisiert, aber dadurch nicht gebrochen wurde und das Kunst und Kultur besonders betrifft. Dafür ist dieser erste Jahrestag, der vielerorts unerwähnt bleibt, auch dort wo es um Menschenrechte und um Feminismus geht, ein eindrückliches Beispiel.

Wir haben es nicht geschafft, Empathie mit allen Opfern zu haben und sind in Lagerdenken verfallen. Antisemitismus wird übersehen oder vielfach nur von denjenigen thematisiert, die damit ihren Rassismus nur spärlich übertünchen: Kampf gegen Antisemitismus als Feigenblatt für antimuslimische Abschiebungsphantasien. Im Versuch, dem entgegen zu treten, wird Antisemitismus oft wiederum negiert und fortgeschrieben. Gewalt wird nur auf der einen Seite gesehen. Über den 7. Oktober wird weiter geschwiegen, oder das Massaker wird zum Widerstand umgedeutet.

Ein moralischer Kompass scheint vielfach verloren. Die Vereinfachungen und Polemiken sind so himmelschreiend, dass man sich den Auseinandersetzungen nur noch entziehen möchte. Gleichzeitig wächst durch Boykotte und persönliche Angriffe der Druck auf diejenigen, die versuchen, Gesprächsräume offenzuhalten.

Zum Jahrestag des 7. Oktobers trauern und erinnern wir. Wir erkennen die Bedeutung(en) dieses Tages für die israelische Gesellschaft und die jüdische Diaspora in ihrer ganzen Vielheit und Widersprüchlichkeit und wir vergessen darüber nicht die Opfer des Krieges in Gaza und im Libanon. Mit dem Jüdischen Film Festival Berlin Brandenburg halten wir einen Raum offen, um uns mit Komplexitäten auseinanderzusetzen und uns auch schmerzhaften Themen zu nähern. Ein Raum, in dem auch Dissens möglich und erwünscht ist, in dem Diskussionen geführt und ausgehalten werden können.

Programmdirektion und Programmkomitee des JFBB