Als Jugendlicher für seine kinematographischen Ambitionen ausgelacht, kehrt Antoine als gefeierter Filmemacher zurück in seine Heimatstadt. Mit seinem 15-Jährigen Sohn Thomas streift er durch die Straßen, entdeckt die Orte seiner Kindheit und erinnert sich… Am Ende des Besuchs wird er seinen eigenen Film über die verlorene Heimat präsentieren. So entfaltet sich die Geschichte zwischen dem Protagonisten der Gegenwart und seinen Erinnerungen an eine ärmliche, aber glückliche Kindheit, die wir als Publikum dieses Films im Film präsentiert bekommen.
Regisseur Alexandre Arcady erzählt damit auch seine eigene Geschichte. Er wurde selbst 1947 in Algerien geboren und emigrierte im Alter von 15 Jahren mit seiner Familie nach Frankreich.
Denn ab 1954 kam es in Algerien, seit 1830 von der Kolonialmacht Frankreich besetzt, zunehmend zu Spannungen aufgrund der wirtschaftlichen und politischen Ungleichheit und Diskriminierung der algerischen Bevölkerungen. Die Spannungen mündeten in Protesten und Aufständen und schließlich in einer Reihe von Attentaten. 1962 erlangte Algerien seine Unabhängigkeit. Der Algerienkrieg wurde erst 1999 von Frankreich begrifflich als solcher anerkannt und ist bis heute im kollektiven Gedächtnis Frankreichs präsent und prägt Politik und Gesellschaft.
Alexandre Arcady über seinen Film:
“Ich möchte nicht nur über den Kolonialkrieg sprechen, der ganze Bevölkerungsgruppen auseinandergerissen hat, sondern auch über das, was sie miteinander verbunden hat. Die Rue du Lézard, aus der ich komme und deren Geschichte ich erzähle, ist ein Mikrokosmos des damaligen Algeriens mit seinen kabylischen, mozabitischen, muslimischen, katholischen und jüdischen Gemeinschaften. Ich war Teil der sephardischen Gemeinde, die seit dreitausend Jahren in Algerien lebt. Ihr Zusammenleben mit den anderen Bevölkerungsgruppen war wechselweise fruchtbar oder konfliktreich. Die Kulturen wurden durch ihre gemeinsamen Praktiken, Feste und Riten bereichert... Wir lebten alle zusammen, bis die Entkolonialisierung dieses Gleichgewicht zerstörte.
Ich möchte, dass dieser Film diese gemeinsame Erinnerung weitergibt, genauso wie der erwachsene Antoine seinem Sohn die Erinnerung an seine Familie weitergibt.
Wie alle, die eine untergegangene Epoche überlebt haben, träume ich davon, diese Zeit auf der Leinwand wieder zum Leben zu erwecken. Ich möchte eine Lebensweise auf der Leinwand zeigen, die viele heute nicht mehr verstehen.
Durch die Auseinandersetzung mit meiner eigenen Biografie und Kindheit spürte ich, dass das, was ich in diesem Film vermitteln wollte, auch für uns heute in Frankreich von Bedeutung ist. Denn auch hier und heute kämpfen die verschiedenen Gemeinschaften um ein friedliches Zusammenleben.”
Text: Charlotte Kühn
Im Anschluß an die Vorführung am 23. Juni im filmkunst66, findet ein Gespräch mit dem Darsteller Christian Berkel statt.