Sektion Der Angst begegnen - Filmische Reflektionen von Terror, Trauma und Widerständigkeit

Der Zweite Anschlag

  • Mala Reinhardt
  • DE
  • 2018
  • 62

Auf den ersten Anschlag folgt ein zweiter: Der Umgang der Medien, der Justiz und der Ermittlungsbehörden mit den Betroffenen von rechtsextremistischem Terror in Deutschland. In eindringlichen Interviews kommen Überlebende und die Familien der Opfer zu Wort – und klagen an.

Dabei vertraut Regisseurin Mala Reinhardt auf einfache ästhetische Gestaltungsmittel und lässt die Protagonist:innen direkt und unmittelbar von ihren Erfahrungen berichten. Der Film gibt ihnen einen Raum, den sie bisher nicht hatten, und vollzieht dabei einen Perspektivwechsel, stehen doch für gewöhnlich die Täter:innen im Mittelpunkt medialer Berichterstattungen. Die vermeintlichen Einzelschicksale der Anschläge und Erlebnisse der Angehörigen führt der Film zusammen und zeichnet so ein Gesamtbild des strukturellen Rassismus, der die Hinterbliebenen in einer zweiten Welle der Gewalt trifft: Übergriffiger Journalismus, Behörden, die in erster Instanz Familienmitglieder verdächtigen, die Tatenlosigkeit und Ignoranz der Politik. Es wird deutlich, dass diese Haltung auch für die Kontinuität verantwortlich ist, mit der rechtsextremistische Anschläge in Deutschland seit den 1980ern verübt werden konnten – von rassistisch motivierten Morden in Hamburg über die Anschläge in Mölln und Rostock-Lichtenhagen bis hin zu den Morden des sogenannten ‚NSU‘, der zwischen 2000 und 2006 neun Menschen ermordete. ‚Kein zehntes Opfer‘ fordern die Angehörigen gegenüber den Behörden und der Politik auf Demonstrationen und Gedenkfeiern, ‚NSU-Komplex auflösen‘ heißt ein Aktionsbündnis, das 2017 ins Leben gerufen wurde und nach einer lückenlosen Aufklärung verlangt. Auch von diesen Wegen der Widerständigkeit berichtet der Dokumentarfilm.

Text: Merlin Webers


Credits

Originalitel Der Zweite Anschlag

Internationaler Titel The Second Attack

Deutscher Titel Der Zweite Anschlag

JFBB Sektion Der Angst begegnen - Filmische Reflektionen von Terror, Trauma und Widerständigkeit

  • Regisseur Mala Reinhardt

Land/Länder DE

Jahr 2018

Dauer 62


Portrait of Mala Reinhardt

Mala Reinhardt

BIO Mala Reinhardt arbeitet als Regisseurin und Produzentin von Dokumentarfilmen. Sie studierte Regie an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf in Potsdam und zuvor Ethnologie in Köln, Neu-Delhi und Kampala. In ihrer filmischen Arbeit konzentriert Mala sich vor allem auf unerzählte Geschichten aus migrantischer und feministischer Perspektive. Ihr Film "Der zweite Anschlag" (DOK Leipzig 2018) behandelt Rassismus und rechte Gewalt in Deutschland aus der Perspektive von Betroffenen. Derzeit arbeitet Mala an "Familiar Places", einem sehr persönlichen Dokumentarfilm über Fragen nach Identität und Zugehörigkeit in einer postmigrantischen Gesellschaft.