Eine Zeitung beschreibt das KZ Theresienstadt als Kurort, die Söldner im Ort sprechen eine andere Sprache. Simon guckt aus seinem Versteck mit einer Mischung aus Angst und Neid auf die Straße, auf die er nicht darf, weil ihn das sein Leben kosten würde. Verängstigt beobachtet er die Soldaten da draußen, die die Nachbarhöfe mit Willkür, Gewalt und herrischen Gesten heimsuchen, neidisch die Gleichaltrigen, zu denen er gerne gehören würde, mit einer Mischung aus Anhänglichkeit und Verachtung die Frau, die jetzt seine Ersatzmutter geworden ist. Auch die hat gelernt, mit der Todesangst zu leben: vor der Wahrheit über das Schicksal ihrer einstigen Meisterin, vor den romantischen Avancen eines Offiziers, der mit den Nazis kollaborierenden Hlinka-Garde und den Besuchen eines ranghohen Nazi-Offiziers, der sie bittet, für seine Ehefrau ein paar von ihm beschlagnahmte Kleider umzunähen. Aber auch vor diesem Jungen in ihrer Scheune, den sie lieben gelernt hat, den niemand dort entdecken darf, und der angefangen hat, gegen sie und ihre erzwungene Zweisamkeit anzutrotzen.
Die slowakische Regisseurin Iveta Grofová beschreibt die Traumatisierung in der ungleichen, schicksalhaft voneinander abhängigen Ersatzmutter-Kind-Beziehung in künstlerischem Schwarzweiß und mit intensiver Sound-Ebene: in der Wahrnehmung eines Untergetauchten.
Text: Bernd Buder
Nach allen Filmvorsführungen findet ein Q&A mit Regisseurin Iveta Grófová statt. Das Gespräch findet auf Tschechich mit deutscher Übersetzung statt.