Regisseurin Neta Shoshani untersucht in ihrem Film den Riss zwischen der Realität und den Mythen, die damals in Echtzeit bei den Untergrundkämpfer:innen und IDF-Soldat:innen entstanden – Mythen, die sich später als historische Wahrheiten in dem jungen Staat verfestigten.
Die akribische Recherche, die dem Film zugrunde liegt, wird in jeder filmischen Entscheidung und jedem Interview deutlich. Durch Briefe und Dokumente von Israelis und Palästinenser:innen, kombiniert mit sorgfältig ausgewähltem Archivmaterial, wird dieser Dokumentarfilm zu einer eindringlichen historischen Erzählung der unruhigen und blutigen Geburtsstunden des jüdischen Staates im damaligen britischen Mandatsgebiet Palästina und der palästinensischen Nakba.
Der Film motiviert sein Publikum, die geschichtlichen Zusammenhänge nicht nur zu erfassen, sondern sie auch zu hinterfragen und zu reflektieren, ohne ihnen dabei ein singuläres Narrativ aufzudrängen – eine scheinbar unmögliche Aufgabe angesichts der Brisanz dessen, was heute als israelisch-palästinensischer Konflikt bekannt ist. Den historischen Erzählungen aus Archiven und Briefen werden Szenen aus der Gegenwart gegenübergestellt, die unterschiedliche Interpretationen von Geschichte, investigative Ansätze zur Aufdeckung verschütteter Wahrheiten illustrieren und die Frage untersuchen, wie und wann die Dokumentation von Geschichte selbst zu einem politischen Akt wird.
Über die Konstruktion einer zusammenhängenden historischen Erzählung hinaus fordert 1948: REMEMBER, REMEMBER NOT die Zuschauer:innen auf, die Grundlagen und Ursprünge weithin akzeptierter Nationalmythen zu hinterfragen. Anstatt festgefahrene Sichtweisen zu bekräftigen, lädt der Film sein Publikum dazu ein, die Koexistenz mehrerer, sogar widersprüchlicher paralleler Erzählungen zuzulassen.
Text: Naomi Levari
Nach beiden Filmvorführungen findet ein Q&A mit der Regisseurin Neta Shoshani statt.