21.08.2021

Hinter die Kulissen: Die ultra-orthodoxe Filmindustrie

Ein besonderer Programmpunkt des diesjährigen JFBB ermöglicht die Auseinandersetzung mit dem ultra-orthodoxem jüdischen Kino. Wir zeigen am Sonntag den Film ENTANGLED der ultra-orthodoxen Regisseurin Dina Perlstein, wonach ein Gespräch mit der ebenso ultra-orthodoxen Filmkritikerin Marlyn Vinig stattfindet, die HINTER DIE KULISSEN einer noch recht jungen Filmindustrie blickt. Filme von Frauen für Frauen nehmen innerhalb der Filmindustrie inmitten enger religiöser Gesetze einen besonderen Stellenwert ein.

Seit einigen Jahren ist ein steigendes Interesse an Darstellungen von jüdischer Orthodoxie nicht nur im Independent-, sondern auch im Mainstreamfilm zu beobachten. Serien wie SHTISEL und UNORTHODOX begeistern ein internationales Publikum. Neben Filmen und Serien über orthodox-jüdisches Leben, die einem säkularen Publikum Einblicke in die eher abgeschirmten Lebenswelten ermöglichen, entwickelt sich jedoch auch eine orthodoxe Filmproduktion in Israel – von Frauen für Frauen. Das Programm nimmt beide Seiten des Phänomens in den Blick: Mit ENTANGLED von Dina Perlstein wird ein Film einer orthodoxen Filmemacherin gezeigt, das anschließende Werkstattgespräch gibt Einblicke in die orthodoxe Filmproduktion für ein weibliches Publikum. Im zweiten Werkstattgespräch geht es um die Faszination ultraorthodoxer Lebenswelten.

Am Sonntag, den 22.8., um 11:00 Uhr wird der Polit-Thriller ENTANGLED [Dina Perlstein, IL 2019] im Jüdischen Museum Berlin gezeigt. Im Anschluss, um 14:30 Uhr findet dort ein Werkstattgespräch mit Filmexpertin Marlyn Vinig auf Englisch statt: Hinter die Kulissen - Film und Orthodoxie.

Marlyn Vinig lebt selbst ultra-orthodox, arbeitet als Filmkritikerin, erforscht seit zwei Jahrzehnten das ultra-orthodoxe Kino und hat bereits zwei Bücher dazu veröffentlicht. In ihren Forschungen weist sie darauf hin, dass das Kino kulturelle Veränderungen innerhalb der ultra-orthodoxen Welt auslöste, indem es auf neue Art Tabus thematisiert. Sie beschäftigt sich insbesondere mit einem Kino von Frauen für Frauen - und bezeichnet sich selbst als Feministin.

Zum ultra-orthodoxen Kino und ihrer Faszination erklärte sie uns im Vorfeld:
„Trotz der der Demonstrationen und Pashkvilim (Plakate) gegen das ultra-orthodoxe Kino hat sich in der ultra-orthodoxen Gemeinschaft sowohl in Israel als auch in ultra-orthodoxen Gemeinden auf der ganzen Welt eine unabhängige Filmindustrie etabliert, die sich hauptsächlich an Frauen richtet. Das Produktionstempo ist beeindruckend: jedes Jahr entstehen zwischen 4 und 16 Spielfilme.
Das ultraorthodoxe Kino speziell für Frauen hat es geschafft, innerhalb der Halacha und den Regeln strenger jüdischer Sittsamkeit, mutig und sogar subversiv zu sein. Diese Filme stellen die ultra-orthodoxe Frau in den Mittelpunkt des Kinos und geben ihr eine Stimme, die nach Veränderung ruft. Die ultraorthodoxen Filmemacherinnen und Filmemacher haben es geschafft, die akzeptierte Tradition einer Aufsicht der weiblichen Erzieherinnen (die mit der Genehmigung dieser Filme betraut sind) zu umgehen, indem sie Themen anzusprechen, die bisher nicht auf der Leinwand zu sehen waren oder als Tabu galten.
Der neue Film ENTANGLED von Dina Perlstein - einer der besten Filmemacherinnen der Branche - wird im Rahmen des Jüdischen Filmfestivals als seltene Gelegenheit gezeigt. Der Film verwirklicht eine andere und ungewöhnliche filmische Perspektive und hat deshalb einen besonderen Stellenwert.“

Screening und Gespräch finden in der W.M. Blumenthal Akademie des Jüdischen Museums auf Englisch statt. Eine Veranstaltung des Jüdischen Filmfestivals Berlin und Brandenburg (JFBB) in Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum Berlin und dem Seret – International Israeli Film Festival. Weitere Informationen zu Seret, das vom 24.8. bis zum 1.9. stattfindet, hier.

Hier gibt es Tickets für den Film und für das Gespräch.